Ich möchte Euch heute von einem Praxisfall erzählen und wie wir mit systemischen Aufstellungen am Beispiel eines Konflikts in der Paarbeziehung gearbeitet haben.
In diesem Fall haben wir mit einer Einzelaufstellung, also ohne Gruppe, im 1:1 miteinander gearbeitet. Wenn Du Fragen zu systemischen Aufstellungen/Familienaufstellungen allgemein hast, dann schau doch gern mal auf meiner Seite Systemische Aufstellungen vorbei.
„Die fehlende Nähe und sein Desinteresse verletzen mich total.“
Ihre Stimme bricht und Tränen steigen in ihre Augen. Meine Klientin ist sehr aufgewühlt.
Ich erzähle Dir von Dagmar (der Name ist selbstverständlich frei erfunden und auch das Praxisbeispiel ist so abgewandelt, dass wir keinen persönlichen Bezug zu einer bestimmten Person herstellen können.).
Dagmar denkt über eine Trennung nach. Dann berichtet sie aber auch über andere Zeiten. Tolles, nährendes Zusammensein mit ihrem Partner. Sie empfindet es als völlig gegensätzlich, mal ist es so und mal so. Die ganze Situation wühlt sie sehr auf. Sie weiß einfach nicht, was richtig ist.
Dagmar erzählt, dass sie ihren Partner schon so oft darauf angesprochen hat, dass sie sich mehr Nähe und Verbindung wünscht. Irgendwie scheint er das manchmal zu können und oft aber eben auch nicht. Er ist dann so mit seinen eigenen Dingen (Hobbys, Beruf) beschäftigt, dass sie sich total abgelehnt und nicht gesehen fühlt.
Wie ich hier vorgehe: Systemische Aufstellung im Beispiel
Wir gehen in die Aufstellung und ich bitte Dagmar, jeweils eine Figur aufzustellen für:
-> sich selbst
-> ihren Partner
-> den verletzten Anteil von Dagmar
Das sind also 3 Figuren, in diesem Fall habe ich diese hier genommen:
Sie platziert nach ihrem Gefühl die Figuren im Raum, in meiner Praxis. Das nennt man „aufstellen“.
Das Bild bei dieser systemischen Aufstellung im Beispiel sieht dann so aus: die beiden Partner stehen sich gegenüber. Die Figur, die für den verletzten Anteil von Dagmar steht, steht links von der Figur für Dagmar, ziemlich nah dran.
So stehen also dem Partner 2 Figuren gegenüber und es wirkt so, dass er zwischen beiden hindurch sieht.
Ich lade Dagmar ein, dieses Bild wirken zu lassen. Und auch mal ihre Position zu wechseln, und z.B. mal von hinten und von den Seiten auf dieses Figuren-Bild schauen.
Allein die Betrachtung der Stellvertreter-Figuren macht schon etwas: Wir reden nicht nur drüber. Sondern können das Thema von allen Seiten betrachten. Das ist ein Riesenunterschied zu dem Hin- und Her-Diskutieren, Analysieren, Abwägen, was wir sonst machen. In einer systemischen Aufstellung ist das Thema also sichtbar im Raum und wir begegnen ihm von verschiedenen Seiten. So auch in diesem Praxisbeispiel.
Dann wählen wir zusammen jeweils 2 der 3 Figuren und stellen uns darüber. So können wir wahrnehmen, was an diesem Platz wirkt und spüren, wie es uns an der jeweiligen Position geht. Wir verändern diese Positionen, nehmen wahr, wie es uns dort geht und wechseln immer wieder die Positionen. Ich beschreibe es deshalb so detailliert, damit Du möglichst eine Vorstellung bekommst, wie eine systemische Aufstellung in diesem Beispiel funktioniert.
Es zeigt sich, dass die Position des verletzten Anteils von Dagmar sehr schwach und bedürftig ist. Und irgendwie mit niemandem in Verbindung steht, auch wenn Dagmar selber ja sehr nah daneben ist.
Ich bitte Dagmar, in die Stellvertretung dieses verletzten Anteils zu gehen. Als sie dort steht, beginnt sie zu weinen und fühlt sich sehr hilflos. Ich frage sie, wie alt sie sei. Und sie sagt, dass ihr gerade bewusst wird, dass sie sich fühlt wie sie als Kind. Als 6-Jährige zu dem Zeitpunkt, als ihr Vater die Familie verlies.Und das ist das wichtigste hier. Dagmar kommt in Kontakt mit der ursprünglichen Verletzung, die ihr gar nicht mehr präsent war. Sie kann sich mit meiner Hilfe jetzt ganz dem hinwenden. Denn sie ist nicht mehr die 6-Jährige, sie ist eine erwachsene Frau. Ich erinnere sie daran und lade sie ein, die 6-Jährige auf den Schoß zu nehmen. Sie zu halten und ihr zu vermitteln, dass es vorbei ist.
Diesem Prozess geben wir viel Raum. Dagmar ist ganz gerührt und hält ihre Kleine, die verlassene und verletzte Dagmar, die so ganz allein da stand damals.
Es ist wichtig, dass sie erkennt, dass es eben diesen verletzten Anteil gibt, der sich auch in ihrer Beziehung immer wieder meldet. Und dass sie aber ab sofort unterscheidet. Die erwachsene Frau ist nicht so allein, so bedürftig und verletzt. Sie hat viele Möglichkeiten, sich um ihre Bedürfnisse zu kümmern.
Dagmar fühlt den Zusammenhang zu ihrem Anliegen, sich nicht mehr ausgeliefert zu fühlen. Ich lade sie ein, sehr genau hinzuspüren, was die kleine Dagmar gebraucht hätte. Und sich jetzt da wirklich drum zu kümmern und die Kleine zu schützen.
Wie ging es in diesem Familienaufstellung Beispiel weiter?
Ein paar Wochen später sehe ich Dagmar wieder. Sie strahlt und sagt, dass es zwischen ihr und ihrem Partner ziemlich gut läuft. Und wenn es nochmal vorkommt, dass sie Nähe vermisst und sie ihren Partner desinteressiert empfindet, wenn sie sich abgelehnt fühlt … dann nimmt sie erstmal (innerlich) die kleine Dagmar auf den Schoß und hält sie. Und irgendwie löst sich damit alles auf. Sie empfindet ihren Partner seither viel liebevoller und präsenter und beide genießen das sehr.
Das ist ein Beispiel aus dem Feld systemische Aufstellung & Partnerschaft. Jede Aufstellung ist natürlich anders und ich konnte nicht alle Details hier aufschreiben, weil ansonsten die Anonymität nicht gewährleistet wäre. Dennoch hoffe ich, dass Du an diesem Aufstellungsbeispiel einen Einblick bekommen konntest, wie die Aufstellungsarbeit wirkt.
Du kannst Dir vorstellen, wie hilfreich es war, dass Dagmar zunächst einmal für sich gearbeitet hat, ohne dass der Partner mit dabei war.
Ich erlebe immer wieder, dass viele Männer nicht sofort einer Paarberatung zustimmen und die Frau dennoch irgendwie das Gefühl hat, etwas tun zu wollen. Sie will nicht zusehen, wie die Beziehung den Bach „runtergeht“. Dafür gibt es die wunderbare Möglichkeit, mit Einzelaufstellungen zu arbeiten, entweder in meiner Praxis in Köln oder auch online per Videokonferenz.
Ich bin Susanne Schwarz und die Aufstellungsarbeit ist meine Leidenschaft. Das, was schon x-mal im Kopf hin- und her analysiert und in vielen Gesprächen zerredet wurde, können wir mit der Aufstellungsarbeit auf eine ganz andere Art betrachten, erfühlen und lösen.
Dabei begleite ich Dich von Herzen gern.
Du findest hier mein Angebot zu den Einzelaufstellungen.
Schönes Beispiel, wie leicht und verhältnismäßig einfach solche – ja oft jahrelang schwelenden Konflikte – gelöst werden können. Danke für dieses gute Aufstellungsbeispiel! Ich liebe Aufstellungsarbeit, weil sie so viel bewirken kann.
Danke, liebe Sabine! Ja, es ist manchmal so viel einfacher, die Themen mithilfe von Aufstellungen anzuschauen. Und rauszugehen aus dem Kopf und die Dinge immer wieder zu durchdenken … I love it 🙂